2. Mai 1953 und 3. Mai 1953: Die Kirchen von Stockau (Pivoň) und Rothenbaum (Červené Dřevo) brennen an zwei aufeinanderfolgenden Tagen nieder. Ein Zufall?

 

Für die Urbarmachung und Besiedlung der Grenzregion um Ronsperg (Poběžovice) war das Kloster Stockau (Pivoň) von zentraler Bedeutung. Gegründet schon im 12. Jahrhundert vom Orden der Wilhelmiten, die aus dem nicht minder bedeutenden Kloster Schönthal bei Waldmünchen kamen, wirkten hier bis 1785 Augustiner-Mönche. Später ging das Areal des Klostes in den Besitz der Ronsperger Adelsfamilie Coudenhove-Kalergi über. Die Kirche fungierte auch als Pfarrkirche des Ortes Stockau. Nach der Vertreibung der sudetendeutschen Bevölkerung wurde das Kloster von der Grenzwache der Tschechoslowakei (Pohraniční stráž) genutzt. Am 2. Mai 1953 brannte die Kirche aus, angeblich, weil ein Grenzsoldat eine Zigarette weggeworfen hatte. Ein Unglück also? Vielleicht. Merkwürdig ist nur, dass nur einen Tag später, am 3. Mai 1953, auch die Kirche von Rothenbaum (Červené Dřevo) brannte. Wie auch der ganze Ort Rothenbaum wurden die Überreste dieser Kirche wenige Jahre später abgetragen. Rothenbaum lag etwa 30 Kilometer südöstlich von Stockau, etwa auf halber Strecke zwischen Furth im Wald und Nýrsko (Neuern).

Ist dies nicht ein merkwürdiger Zufall? Zwei benachbarte Kirchen, in der fast nur noch von Grenzwachen 'bevölkerten' Todeszone am Eisernen Vorhang, brennen fast am selben Tag nieder…

Über die näheren Umstände des Brandes der Rothenbaumer Kirche, die 1676 gegründet wurde und der Schmerzhaften Mutter Gottes Maria (Panny Marie Bolestné) geweiht war, konnte ich bislang keine Informationen finden. An ein zweites Unglück oder eine spontane Selbstentzündung mag man nicht recht glauben.

Jedenfalls erfasste die planmäßige Vernichtung von Kirchen in den sudetendeutschen Orten später beispielsweise auch die ehemaligen Pfarreien Waier (Rybník) im Jahre 1964 und Grafenried (Lučina), wo  wohl in den 1970er Jahren, und viele andere Kirchen. In diesen Fällen waren es jedenfalls geplante Aktionen der Kommunisten. 

Über die Geschichte von Rothenbaum und seiner Kirche informiert diese Seite (Link) der Pfarrei Nýrsko. Es ist erfreulich, dass auch von tschechischer Seite in einer „Nacht der Kirchen“ („noc kostelu“) im Juli 2022 das Andenken an Rothenbaum gepflegt wurde (Link hier). Und auch das fast 1000 Jahre alte Kloster Stockau (Pivoň) hat einen Verein, der sich um die Restaurierung der großen Anlage bemüht: Link hier

Bild: Am 2. Mai 1953 brannte die Klosterkirche von Stockau (Pivon) ab, angeblich durch eine weggeworfene Zigarette. Nur einen Tag später, am 3. Mai, brannte auch die Kirche von Rothenbaum (Červené Dřevo) bei Neuern (Nýrsko).