© Dr. Markus Gruber
Dem alten Dörflein Schmalzgruben, kleinster Ort in der Pfarrei, hätte man es kaum angesehen, dass es eigenständig war, erschien es doch mit Wassersuppen fast zusammengewachsen. Der tschechische Name Nemaničky trägt diesem Umstand Rechnung: "Klein-Wassersuppen". Doch war es immer Teil der Gemeinde Haselbach, was sich aus der ursprünglichen Zugehörigkeit beider Dörfer zu Bayern erklärt. Der Ortsname "Schmalzgruben", in Deutschland insgesamt noch sechsmal belegt, steht in merkwürdigem Kontrast zu "Wassersuppen" (eine Speise der armen Leute), denn Schmalz war ein wertvolles Nahrungsmittel in der armen Gegend. Einer Geschichte zufolge versteckte man einmal in Kriegszeiten das Schmalz in einem Behälter in der Erde, in einer Schmalz-Grube. Es geht auch die Überlieferung, dass bei der Ausweisung 1945/46 eine Bewohnerin noch schnell einen Beutel mit Geld vergrub, den sie dann aber nicht wieder fand. Ob Sage oder Wahrheit – damit würde sich der geschichtliche Kreis schließen. Wahrscheinlich aber steht der Ortsname mit der frühen Glasindustrie in Verbindung: Das Rohmaterial für die Glasherstellung wurde in Gruben geschmolzen. - Auch später scheinen die Schmalzgrubener geschäftstüchtig gewesen zu sein. Im Zuge der Landablösung von der Herrschaft Stadion gründeten sie eine Waldgenossenschaft und verstanden es, aus ihrem Waldbesitz Geld zu machen. Ein diesbezügliches Gstanzl ging so: „Döi Schmolzgrauber Boum, döi hoams halt bon Trumm, braucha’s a kloins Göld, haua’s a Bäuml sched um.“ Das heißt: „Die Schmalzgrubener Burschen, die haben eben Glück: Wenn sie ein wenig Geld brauchen, dann fällen sie einfach einen kleinen Baum.“
Gegründet wurde der Ort wohl gleichzeitig mit Haselbach, also um die Mitte des 16. Jahrhunderts. Schon 1722 sind die Namen der Familien Koch und Ring belegt, die bis zur Vertreibung 1946 im Ort lebten. Gemäß der Militärkarte mit dem Stand 1836-1852 sowie dem „Stabilen Kataster“ gab es damals nahe Schmalzgruben eine eigene Ziegelhütte, und zwar an einem heute verschwundenen Weg über die Schwarzach zum Bäckenberg; diese Ziegelhütte dürfte vor 1877/1880 eingegangen sein. Dafür erscheint nun schon die Haselbacher Ziegelhütte (Nr. 31) in der Straßenkurve direkt an der Grenze: Wahrscheinlich hatte man die Hütte verlegt, nachdem der Lehm aufgebraucht war. 1862 hatte der Ort 10 Häuser mit 85 Einwohnern, 1930 59 Einwohner. Gewerbebetriebe in den 1930er Jahren: Ein Gasthaus (Gleissner), ein Holzschachtelerzeuger (Gleissner). Aus Schmalzgruben stammte Michael Ring, der der vorletzte Pfarrer der benachbarten Pfarrei Grafenried war (von 1887 bis 1937).
Heute stehen noch zwei alte Häuser (Koch Michael und Stocker Karl), hinzu kamen zwei Neubauten.
Hausnummern, Eigentümer/Bewohner und Hausnamen (Stand: um 1945)
1 Koch Franz und Barbara (Ko Franz, zuvor Boalza)
2 Ring Franz und Katharina (Wastl); Bew.: Czesak Anna
4 Ring Karl und Theresia (Schneider-Hansl)
5 Scharf Josef und Marie (Schoarfn, zuvor Boimseff); Retti Kunz aus Eisendorf
6 Hegerhaus der Waldgenossenschaft: Ring Karl (Heger) und Sofie (1921: Dietl Andreas)
7 Höcherl Franz und Maria (Stocker, auch Hammermüllner); im Austrag: Stocker Johann und Kathi
8 Stocker Karl (Stocker Koarl); Bew.: Fischer Therese
9 Koch Michael und Anna (Ko Mich)
10 Liegl Johann
11 und 12 Gleißner Franz und Katharina (Gasthaus); Bew.: Ring Josef (Lenz), Theuerl Josef
(bis 1938 (?) mit Gendarmerieposten, zwei tschechoslowakische Beamte)
Ortslitanei von Schmalzgruben
Da Stocka is naigiere und schmatzt hoalt gern,
ins Gleißner-Casino gängan die bessern Herrn,
da Ko(ch) Mich schaut zwieda oallawal,
da Ko(ch) Froanz ist grod s Gegental,
da Schneiderhansl d’Leit recht foppen ko,
da Wastl is a Mo der an Rot geb’n ko,
da Böimsäff hot as da Wassersupp’n a Wei,
da Stocka Koarl sticht in Leid’n d’Sai,
da Liegl rasiert den Moannern era Gfriß,
und im Höithaisla da Hulzoia is.
Schmalzgroiwa Kirwalied (Kirwa = Kirchweih, tschechisch pout' )
Am Sunnta ist Kirwa,
do gibt’s hoalt an G’spoaß,
do stecha’s in da Schmolzgrou
a zaudirre Goaß.
Da Stocka kröigt d’Lunga,
da Böimsäff kröigt d’Lewan,
da Schneiderhansl schreit nouche:
"I höit a gern a Drumm."
Do rennt hoalt döi Goaß
am Wastl zou hi,
da Boalza stöiht am Fenza
und schöissat gern hi,
da Koch stöiht am Nousch und woascht se grod o:
"I wenn vo da Goaß nix kroich, reiß i ihr d’Hörnln o."
Dieses Lied entstand im Jahre 1918 an der italienischen Front. Verfasser war Johann Bayerl, ein Bruder von Ludwig Bayerl aus Haselbach, als die Kompagnie in Reserve in Trient lag. Dort waren Schmalzgrubener und Haselbacher wie Michael Koch, Ring, Sporer, Achatz, Unverzart. Mitgeteilt an Karl Klein von Josef Mehltreter (Wilkenau/Vlkanov).
Kriegsgefallene von Schmalzgruben im Zweiten Weltkrieg
1) Koch, Georg: *13.03.1921, Gefreiter bei der Infanterie, +06.05.1944 bei Sewastopol (Rußland)
2) Neumann, Otto: *06.11.1911, Offizier, seit 25.10.1943 vermisst bei Udatschnoje westlich Melitopol (Ukraine)
3) Ring, Josef: *22.12.1919, +28.11.1944 bei Alsohute/Budapest (Ungarn)
4) Scharf, Josef: *17.06.1905, Obergefreiter, +01.03.45 bei Pillau auf dem Transportschiff "Adler", bestattet in Baltijsk (Rußland)
5) Theuerl, Josef: *01.06.1906 in Waltersgrün, Unteroffizier, +12.02.1942 bei Dschankoj Feldlazarett 1/562, bestattet in der Kriegsgräberstätte Sewastopol